Titelbild Spurensuche - Juden in Wernigerode

Peter Lehmann: Spurensuche. Jüdische Familiengeschichten in Wernigerode. – Harz-Forschungen

Buch-Neuerscheinung
Peter Lehmann: Spurensuche. Jüdische Familiengeschichten in Wernigerode. – Harz-Forschungen 36, 194 S., 10 Abb., 170 x 240 mm, Broschur, Lukas Verlag Berlin 2023, ISBN 978-3-86732-437-3, Preis 25,- €, Bezug über den Buchhandel oder www.lukasverlag.com
Titelbild Peter Lehmann: Spurensuche. Jüdische Familiengeschichten in Wernigerode
Titelbild Peter Lehmann: Spurensuche. Jüdische Familiengeschichten in Wernigerode

Weil in Wernigerode nicht einmal zehn im religiösen Sinn Erwachsene zusammenkommen konnten, um einen Gottesdienst zu feiern, gibt es hier keine Synagoge, auch keinen jüdischen Friedhof. Zwar hatte im Mittelalter eine Judengasse existiert, doch war den Juden ab 1592 das Wohnrecht in der Grafschaft jahrhundertelang entzogen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts sind wieder fünf jüdische Familien in der Stadt nachweisbar.

Der Wernigeröder Autor Peter Lehmann hat anhand zahlreicher Dokumente und Forschungsergebnisse die Lebensgeschichten zehn hiesiger jüdischer Familien recherchiert. Da ist der Journalist und Stadtrat, der zur Selbsttötung getrieben wurde. Da sind drei Familien, die Bekleidungs- und Modegeschäfte betrieben. Der Rektor des Lyzeums fehlt ebenso wenig wie der Pfarrer ohne Kanzel, der Jurist mit Berufsverbot, der Käsefabrikant oder der Händler mit Waren des täglichen Bedarfs. Sie alle gerieten in die vernichtenden Räder des nationalsozialistischen Rassenwahns. Einige konnten fliehen, von vielen verlieren sich die Spuren. Erzählt wird aber auch von einer Familie, die aus der Ferne wieder Kontakt mit Wernigerode aufgenommen hat, woraus eine neue Freundschaft entstand.

Ergänzt werden diese Berichte durch eine Sammlung von Namen und Personen, die zwar in der Stadt geboren wurden oder nur kurzzeitig hier lebten, über die aber bisher nur wenig zu erfahren war.

In einem einleitenden Aufsatz geht der Autor der Frage nach „Wer ist ein Jude?“ und reflektiert den gängigen Umgang mit dem Begriff „jüdische Mitbürger“. Dabei mahnt er, viel sorgfältiger damit umzugehen, weil viele der Mitbürger zwar jüdische Vorfahren hatten, aber längst keine jüdischen Traditionen pflegten oder gar religiöse Juden waren. Sie wurden erst durch die nationalsozialistische Rassentheorie wieder zu „Juden“ gemacht. Das Buch wird damit zu einem Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus heute in der Gesellschaft.

Ein abschließender Beitrag setzt sich mit „Erinnern und Gedenken“ auseinander. Gedenkorte reichen nicht aus, auch nicht im Straßenpflaster verlegte „Stolpersteine“. Doch sie geben Gelegenheit, sich mit einem Menschen zu befassen, der einen Namen hat, der in der Shoah geschändet wurde. Begegnungen ermöglichen Erinnern und Gedenken und öffnen den Weg zu Mitmenschlichkeit und Neuanfang.

Eine jüdische Weisheit lautet: »Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.« Wie kann heute erinnert werden? Wie lässt sich der wenigen jüdischen Mitmenschen gedenken? Das Buch geht auch diesen Fragen nach. Die hier dokumentierte Wernigeröder Spurensuche ist beispielhaft für den ganzen Harzraum.

https://www.lukasverlag.com/neuerscheinungen/titel/633-spurensuche.html