Expertengruppe besuchte Harzer Großschutzgebiet im Rahmen einer umfassenden Evaluierung
Wernigerode, 26. Juni 2023. Die Harzer Nationalparkverwaltung hatte vor Kurzem eine Expertengruppe zu Gast, die im Rahmen einer Evaluierung das Großschutzgebiet bereiste und eingehende Gespräche mit dem Führungsteam um Nationalparkleiter Dr. Roland Pietsch sowie wichtigen regionalen Bezugsgruppen des Nationalparks führte, etwa Vertreter*innen von Tourismus und ehrenamtlichen Naturschutz. Hintergrund des Besuchs: Die Nationalparke in Deutschland werden alle zehn Jahre durch eine Expertengruppe unter Organisation des Dachverbandes Nationale Naturlandschaften e. V. (NNL e. V.) in dieser Form geprüft. Die Evaluierung erfolgt durch ein externes, ehrenamtlich agierendes Gremium mit Vertreter*innen der Bundesbehörden, der Landesumweltministerien, der Nationalparkleitungen, der Wissenschaft und der Nichtregierungsorganisationen. Das wesentliche Ziel ist die Identifizierung von Stärken und Schwächen sowie deren Ursachen in den Nationalparken. Die sich daraus ableitenden Empfehlungen sollen zur langfristigen Erhaltung und wo erforderlich, Verbesserung der Qualität des Nationalparkmanagements beitragen.
Dr. Pietsch begrüßte am Montagmorgen die sieben Mitglieder des Evaluierungskomitees, die nach Wernigerode angereist waren. Zusammen mit Sabine Bauling, seiner Stellvertreterin, die als Fachbereichsleiterin auch für die Waldbehandlung im Schutzgebiet verantwortlich ist, sowie Karsten Torkler, Andreas Marten und Frank Steingaß, die die weiteren Fachbereiche der Nationalparkverwaltung vertraten, präsentierten sie den Expert*innen im Rahmen einer mehrstündigen Exkursion ausgewählte Orte im Nationalpark, die ihnen einen Eindruck vom Schutzgebiet selbst und von der praktischen Arbeit der Verwaltung gaben.
Die Tour deckte die unterschiedlichsten Bereiche und Themenfelder ab und führte von naturnahen Buchenwäldern am nördlichen Rand des Parks über das Luchsgehege an der Rabenklippe und das von der anhaltenden Trockenheit betroffene Große Torfhausmoor hoch zum Brocken, wo Brockenhaus und Brockengarten besichtigt wurden, und schließlich, mit einem kurzen Halt am Urwaldstieg, wo die Waldentwicklung in dieser Höhenlage in Augenschein genommen wurde, zum bei Besucher*innen beliebten Natur-Erlebniszentrum HohneHof. Während der Exkursion diskutierten die Expert*innen mit den Vertreter*innen der Parkverwaltung über die Entwicklungsziele für das Schutzgebiet und über die Naturschutzpraxis berührende Spannungsfelder, etwa die Notwendigkeit von Verkehrssicherung, Pflegemaßnahmen und Wildtiermanagement. Es wurden auch Konflikte angesprochen, die sich aus der touristischen Entwicklung der gesamten Region für ein Schutzgebiet ergeben, dessen Ziel es ist, auf 75 Prozent seiner Fläche die Dynamik natürlicher Prozesse und den ungestörten Ablauf der Naturvorgänge zu schützen.
Breites Meinungsbild von der Ist-Situation im Nationalpark vermitteln
Am zweiten Tag folgten Gespräche des Evaluierungskomitees mit Vertreter*innen aus den Bereichen Touristik und Regionalentwicklung sowie von Naturschutzorganisationen, Jagdverbänden und den Kommunen, die in der Nationalparkregion liegen. Hier ging es beispielsweise um nachhaltigen Tourismus und das Nationalpark-Partner-Netzwerk. Diese Gespräche mit verschiedenen regionalen Akteuren aus den Nationalparkregionen sollen dem Komitee neben der Selbsteinschätzung der Nationalparkverwaltung ein breites Meinungsbild von der Ist-Situation im Nationalpark vermitteln. Dem schloss sich ein Austausch mit Mitarbeitenden der Nationalparkverwaltung und der zuständigen Landesministerien zu den verschiedenen Handlungsfeldern an. Im Nachgang zum Vor-Ort-Termin wird das Evaluierungskomitee Stärken und Schwächen bewerten und Möglichkeiten zur weiteren Optimierung der einzelnen Handlungsfelder, wie Organisation, Management oder auch Bildungsarbeit, aufzeigen.
Manfred Bauer, ehemaliger Leiter des Nationalparks Kellerwald-Edersee, der das dreitägige Treffen als offizielle Moderator von Seiten der NNL begleitete, sagt über den Besuch des Gremiums im Harz: „Herauszudestillieren, wo es gut läuft und in welchen Bereichen Fortschritte gemacht oder Ziele erreicht wurden, aber auch wo der Nationalpark noch besser werden oder vielleicht auch den einen oder anderen Schwerpunkt setzen könnte: Genau das ist die Aufgabe der Evaluierung und des aus verschiedenen Fachrichtungen zusammengesetzten Evaluierungskomitees. Der Nationalpark Harz ist schon aufgrund seiner Größe, seiner touristischen Bedeutung und seiner durchaus sehr komplexen Fragestellungen – hier sei nur der Wandel im Wald erwähnt – mit großen Herausforderungen konfrontiert, geht diese aber nach Auffassung des Komitees konsequent an und findet zielführende Lösungen.“
Im Sinne einer regelmäßigen Überprüfung des Nationalparkmanagements werden alle 16 deutschen Nationalparke nach einer ersten Evaluierung (2009-2012) nun – rund zehn Jahre später – erneut evaluiert. Hierzu wird die Ist-Situation in den Nationalparken einem Ideal- bzw. Referenzzustand, der vorab für verschiedene Handlungsfelder definiert wurde, gegenübergestellt. Die finalen Evaluierungsberichte für alle 16 Schutzgebiete werden für Ende 2024 erwartet. Das Vorhaben wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert und fachlich unterstützt.
FOTO 1: Sabine Bauling, die als Fachbereichsleiterin für die Waldbehandlung im Schutzgebiet verantwortlich ist (links), erläuterte den Expert*innen bei der Exkursion die praktische Arbeit der Nationalparkverwaltung, hier am Beispiel des Schimmerwalds, einem naturnahen Buchenwald Foto: Martin Baumgartner, Nationalpark Harz;
FOTO 2: Das von der anhaltenden Trockenheit betroffene Große Torfhausmoor war eine weitere Station der Exkursion durchs Nationalparkgebiet Foto: Martin Baumgartner, Nationalpark Harz;
FOTO 3: Zum Abschluss der Exkursion besuchte die Gruppe das bei Besucher*innen beliebte Natur-Erlebniszentrum HohneHof Foto: Martin Baumgartner, Nationalpark Harz;