Wernigerode. Ganz frisch sind im Berliner Lukas-Verlag die beiden Bände „Bilanz und Perspektiven der Harz-Forschung“ mit jeweils 330 und 400 Seiten erschienen. Die Bände dokumentieren die Tagung zum 150jährigen Jubiläum des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde e.V., die im Juni 2018 im Rathaus Wernigerode stattfand.
Der Verein ist der älteste Geschichtsverein der Harzregion und hatte stets die Geschichte des gesamten Harzes von der Urzeit bis zur Gegenwart im Blick. Insgesamt haben 36 Autorinnen und Autoren in 32 Aufsätzen versucht, die vielfältige Geschichtslandschaft des Harzes auszuloten. Die Tagung hatte das Schwerpunktthema, bislang unbekannte bzw. wenig erforschte Aspekte der Harzgeschichte zu bearbeiten.
Dies ist in breitem Umfang gelungen – die Spanne reicht von modernen geodätischen Methoden der Landschaftserschließung über die Archäologie entlang des Baus der Südharzautobahn A 38 bis hin zur erstmaligen Darstellung der Militär- und Spionagegeschichte des Harzes nach 1945 in Ost und West.
Themen wie eine erstmalige Gesamtschau des Harzer Bergbaus mit seinen Ausbeuten, die Frage, wie Maler den Harz gesehen haben und wie eigentlich eine Erforschung der Harzmalerei erfolgen sollte, sind ebenso vertreten wie Fragen nach der Geschichte der Naturkunde und des Naturschutzes im Harz.
Beide Bände können für je 25,- € im Buchhandel erworben werden und auch auf dem Schloss Wernigerode oder unter https://www.lukasverlag.com/ bestellt werden.
Das Autorenteam ist breit aufgestellt: Mitarbeiter des Weltkulturerbes Rammelsberg gehören ebenso dazu wie der Inhaber des Lehrstuhls für Rechtsgeschichte der Universität Jena oder der ehemalige wissenschaftliche Leiter des Nationalparks Harz. Auch Nachwuchsforscher der Universität Halle-Wittenberg haben neue, bemerkenswerte Beiträge beigesteuert.
Traditionell gilt der 15. April 1868 als das Gründungsdatum des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde. Man hatte sich in Wernigerode im „Deutschen Haus“ zusammengefunden, um eine Plattform für die Erforschung, aber auch Darstellung der gesamten Spannbreite Harzer Geschichte zu finden und dieser schließlich eine dauerhafte institutionelle Form zu geben.
Der Harz-Verein hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich gebracht, die auch die Wechselfälle allgemein deutscher wie landesgeschichtlicher Veränderungen spiegelt. Nicht ganz zufällig war die Geschäftsstelle des Vereins zu Anfang und für lange Zeit mit der ehemals Gräflichen, später Fürstlichen Bibliothek zu Wernigerode verknüpft. Nach deren Ende ab 1929 wanderte sie in Richtung Stadt Wernigerode.
Einen Neuanfang gab es nach dem von Deutschland entfesselten 2. Weltkrieg dann nur in den sogenannten Westzonen. Die prägende Gestalt der Harzforschung und zugleich Wiederbegründer wie auch (geschäftsführender) Vorsitzender des Vereins wurde für Jahrzehnte Karl-Wolfgang Sanders (1909 – 2004) aus Bad Harzburg.
Unmittelbar nach dem Beitritt der sich neu konstituierten Neuen Länder zur Bundesrepublik Deutschland 1990 trat eine Vielzahl von Mitgliedern aus diesem Gebiet dem Verein bei, der sich sofort um Tätigkeit vor allem in Sachsen-Anhalt und in Thüringen bemühte. Nach einer Zwischenzeit mit dem Vorsitzenden Gerd Biegel (*1947), dem Direktor des Braunschweigischen Landesmuseums von 1986 bis 2008, war es der ehemalige Kustos an eben diesem Landesmuseum, Christof Römer (1936 – 2017), der als Vorsitzender dem Verein wesentliche neue Impulse gab und ihn neu aufstellte. Römer fungierte ab 1991 als Herausgeber der Harz-Zeitschrift und war von 1996 bis 2011 Vorsitzender. Durch ihn kam die Geschäftsstelle des Vereins wieder an ihren Ursprungsort Wernigerode zurück. Seit dem Jahr 2000 befindet sie sich auf dem Schloss Wernigerode.
Vorsitzende des Vereins sind seit 2015 Dr. Christian Juranek und Dr. Friedhart Knolle.
Die Bände wurden mit wesentlicher Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt, der Stadt Wernigerode und der Stiftung der ehemaligen Kreissparkasse Wernigerode herausgegeben.
Foto: Auch die Fernmeldeaufklärung, vereinfacht oft „Spionage“ genannt, ist Thema der beiden Bücher. Hier die militärische Großbaustelle Brocken 1974, heute mitten im Nationalpark Harz. Auf dem Gelände der Sowjetarmee werden gerade zwei neue Radome zum Schutz der mobilen Technik erreichtet. Im aus dieser Perspektive linken Radom befanden sich die SDR-2A und das System 1 RL 220 M, im rechten Radom später die Ramona und das System R 381 D 2. Die beiden Gebäude ganz vorn am Westhang bilden das eigentliche Herzstück der Anlage – in den oberen Etagen befanden sich hinter einer Kunststofffassade die Antennenböden, darunter die Arbeitsplätze für die Auswerter. Foto: Sammlung Söhnke Streckel.