Tierbrücke, NpH

Harzer Luchse – Verkehrsunfälle eine der häufigsten Todesursachen

Wernigerode. Die Harzer Luchspopulation hat sich in den vergangenen 20 Jahren sehr positiv entwickelt. Das  Vorkommen beschränkt sich nicht mehr nur auf das namengebende Mittelgebirge. Einige wenige Weibchen haben sich außerhalb des Harzes im Hils, Solling, Hainberg und Westerhöfer Wald etabliert und bringen dort Jungtiere zur Welt.

Die Luchse Alice und Ellen im Tiergehege Bad Harzburg

Die weitere Ausbreitung der Luchse verläuft jedoch nur langsam. Insbesondere die weiblichen Luchse schrecken oft davor zurück, den schützenden Mittelgebirgswald zu verlassen und wagen keine Wanderungen über weite offene Agrarflächen, um in das nächste größere Waldgebiet zu gelangen.

Dabei sind weite Wanderungen von Luchsen unbedingt nötig, um einen genetischen Austausch zwischen den Luchsvorkommen in Deutschland und Mitteleuropa zu erreichen. Einige der hier allesamt sehr kleinen Populationen leiden bereits unter Inzuchterscheinungen. „Die Harzpopulation verfügt derzeit noch über eine vergleichsweise große genetische Variabilität. Naturgemäß nimmt diese aber mit jeder Luchsgeneration nach und nach ab. Wir werden uns in den kommenden Jahren also zunehmend mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir Luchspopulationen miteinander vernetzen und insbesondere die Ausbreitung der weiblichen Tiere fördern können“, berichtet Ole Anders, der Leiter des Luchsprojekts beim Nationalpark Harz.

Ein weiterer Grund für die mäßige Ausbreitungsgeschwindigkeit von Luchsvorkommen dürfte der Straßenverkehr sein. 36 % aller in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt tot aufgefundenen Luchse wurden überfahren.

 

Grünbrücken und andere Querungshilfen

Wildbrücke, NpHUntersuchungen mit sendermarkierten Luchsen zeigen außerdem, dass viele Tiere bei ihren Wanderungen vor dem Überqueren von Schnellstraßen zurückschrecken und vorher abdrehen. Doch auch die etwas mutigeren Tiere brauchen mitunter sehr lange, bis sie eine Möglichkeit gefunden haben, solche Straßen zu überwinden. Gelegentlich nutzen sie dafür Gewässerdurchlässe oder Wirtschaftswegunterführungen.  Gezielt errichtete Querungshilfen wie zum Beispiel Grünbrücken können helfen, Unfallschwerpunkte zu entschärfen. „Der Luchs und andere größere Wildtiere treffen meist dort auf die Straße, wo diese den Wald oder andere dauerhafte Vegetation schneidet“, erläutert der Luchs-Projektleiter. „Befindet sich dort eine Grünbrücke oder eine geeignete Unterführung, gelangen die Tiere meist auch gefahrlos über die Straße. Uns liegen inzwischen etliche Fotos vor, die belegen, dass Luchse Grünbrücken nutzen und wir sind froh, dass im Zuge von Straßenneu- und -ausbauten im Umfeld des Harzes zumindest einige dieser Bauwerke entstanden sind oder noch entstehen werden“, so Anders weiter.

Manchmal entstehen durch eigentlich gut gemeinte Baumaßnahmen jedoch auch regelrechte Todesfallen. „Jüngst“, berichtet Anders, „mussten wir einen toten Luchs einsammeln, der an einer Stelle überfahren wurde, wo ein Wildzaun an einer Bundesstraße im Landkreis Göttingen von einem Radweg unterbrochen wurde. Es ist recht wahrscheinlich, dass der junge Luchs durch diese Lücke auf die Straße gelangte, die er aufgrund des ansonsten stabilen Zaunes aber nicht mehr so einfach verlassen konnte.“

Anders spricht sich dafür aus, dass solche Gefahrzonen durch kluge Planungen bei zukünftigen Bauprojekten vermieden werden. Wann immer Wildunfallschwerpunkte an bestehenden Straßen entdeckt werden, sollte durch geeignete bauliche Veränderungen Abhilfe geschaffen werden.

Abbildungen: Luchse im Luchsgehege Rabenklippe, Foto Ole Anders; Schema einer Grünbrücke, Grafik Nationalpark Harz, Barth.