Anlässlich des Internationalen Tags des Artenschutzes am kommenden Freitag dem 3.3.2023 fordert der BUND, den Artenschutz in Niedersachsen wesentlich auszubauen. Notwendig ist eine Offensive für die biologische Vielfalt, um unsere heimischen Arten zu fördern, ihnen ausreichend Rückzugs- und Lebensräume zu bieten und mehr Strukturvielfalt in der Landschaft zu schaffen. Wie Artenschutz in der Fläche umgesetzt werden kann, zeigt der BUND unter anderem im Rahmen des Projekts „Spurensuche Gartenschläfer“, das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums und die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung gefördert wird.
Susanne Gerstner, Landesvorsitzende des BUND Niedersachsen: „Noch ist der Artenrückgang ungebremst, fast die Hälfte der in Roten Listen erfassten Tierarten in Niedersachsen sind gefährdet. Deshalb fordern wir schnelle und wirksame Maßnahmen für die biologische Vielfalt in Niedersachsen. Wir wissen, wie es geht – nun muss gehandelt werden! Wir brauchen ein landesweites Investitionsprogramm für die biologische Vielfalt, um ein wirksames Netz an Lebensräumen zu schaffen. Nur wenn wir unsere Schutzgebiete optimal entwickeln und Verbundkorridore für unsere heimischen Arten schaffen, können sich stabile Lebensgemeinschaften auf Dauer entwickeln. Öffentliche Flächen müssen das Rückgrat des Lebensraumnetzes bilden. Es gibt keinen Grund, zu warten!“
Der BUND Niedersachen setzt sich seit vielen Jahren mit gezielten Schutzmaßnahmen für bedrohte Arten wie Wildbienen, Wildkatze und Gartenschläfer ein. So hat der Umweltverband jüngst im Harz 4,8 Hektar Wald für den Gartenschläfer aufgewertet und den Startschuss für weitere Schutzaktionen gesetzt, die in den kommenden zwei Jahren erfolgen werden.
„Der Verlust von naturnahen Waldgebieten und das Insektensterben gelten als maßgebliche Gründe für das Aussterben des Bilchs. Durch die Pflanzung von heimischen Sträuchern und Bäumen sollen strukturreiche Wegränder im Wald entstehen, die dem stark gefährdeten Bilch Schutz und Nahrung bieten, aber auch geeignete Lebensräume im Wald wieder miteinander verbinden“, erklärt BUND-Artenschutzexpertin Andrea Krug.
Auf insgesamt zehn Waldrandflächen im Raum Goslar und Wolfshagen pflanzte der BUND knapp 11.000 Bäume und Sträucher verschiedener Arten, darunter Ahorn, Schlehe und Weißdorn. Die Pflanzungen erfolgten in Kooperation mit Vertreter*innen der Niedersächsischen Landesforsten in staatlichen und genossenschaftlichen Wäldern sowie im Privatwald der Harzwasserwerke GmbH. Außerdem unterstützten engagierte Ehrenamtliche von BUND und Friends of the Forest die Aktion. An den aufgewerteten Flächen aufgehängte Nistkästen sollen dem kleinen Verwandten des Siebenschläfers zusätzliche Unterschlupfmöglichkeiten bieten, so Dr. Friedhart Knolle, der Vorsitzende des örtlich zuständigen BUND-Regionalverbands Westharz.
Bis die Gehölze heranwachsen, Früchte tragen und dem Gartenschläfer ausreichend Schutz bieten, braucht es etwas Geduld. In der Zwischenzeit gilt es, die Menschen noch stärker für den Natur- und Artenschutz vor unserer Haustür zu begeistern. Revierförster Rainer Hoffmeister, der den BUND bei der Planung und Pflanzung im Harz unterstützt hat, ergänzt: „Die Trockenheit setzt dem Wald und den darin lebenden Tieren wie dem Gartenschläfer erheblich zu. Im Zuge der Waldentwicklung müssen wir auch solch kleinere Arten stärker im Blick haben. Die neu entstehenden, miteinander vernetzten Waldrandbereiche sind indes für viele Tier- und Pflanzenarten wichtig.“
Hintergrund
Die Bestände des Gartenschläfers sind in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen, europaweit hat der Bilch in 30 Jahren rund 50 Prozent seines Verbreitungsgebiets eingebüßt. Ein wesentlicher Teil des Verbreitungsgebiets des Gartenschläfers liegt in Deutschland. Deshalb trägt Deutschland eine besondere Verantwortung für die Erhaltung dieser Art. Die Gründe für den Rückgang des Gartenschläfers waren lange völlig unklar. Daher haben die Partner im Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ – der BUND, die Justus-Liebig-Universität Gießen und die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung – von 2018 bis 2022 gemeinsam mit zahlreichen Ehrenamtlichen zunächst mögliche Ursachen wie Nahrung, Krankheiten, Genetik und Veränderungen der Lebensräume erforscht. Eine Auswertung dieser großflächig gesammelten Daten hat gezeigt, dass die Schlafmaus mittlerweile überwiegend im urbanen Raum im Südwesten Deutschlands vorkommt. In Niedersachsen konnte der Gartenschläfer hingegen nur noch im Harz nachgewiesen werden, der für den Schutz des Gartenschläfers daher von besonderer Bedeutung ist.
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen haben die Projektpartner gezielte Schutzmaßnahmen entwickelt, die jetzt auch im Harz in die Tat umgesetzt werden und das Überleben des Gartenschläfers in seinem natürlichen Lebensraum sicherstellen sollen.
Mehr Informationen:
www.bund-niedersachsen.de/gartenschlaefer/
biodiversität – schützen.nutzen.leben: Spurensuche Gartenschläfer (bfn.de)
Fotos: Gartenschläfer von Rudi Leitl und Jiri Bohdal